Maihinger Evangeliar: Unterschied zwischen den Versionen

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Auf den ersten Blick zeigt sich ein sehr heterogenes Bild der Glossen, das sich jedoch bei näherer Betrachtung meist erklären lässt, weshalb man auch nicht immer auf verschiedene Glossierungsvorgänge schließen kann.  
 
Auf den ersten Blick zeigt sich ein sehr heterogenes Bild der Glossen, das sich jedoch bei näherer Betrachtung meist erklären lässt, weshalb man auch nicht immer auf verschiedene Glossierungsvorgänge schließen kann.  

Aktuelle Version vom 11. Juli 2018, 15:18 Uhr

Die Glossen des Maihinger Evangeliars

(BStK 275: Augsburg, Universitätsbibliothek Ms. I, 2, 4°, 2)

Allgemeine Daten

Der Codex umfasst 159 Blätter und die Schreibung der Glossen deutet auf frühes Althochdeutsch hin. Für die absolute Datierung stützt man sich jedoch auf paläographische Befunde, welche die Glossen in das frühe 8. Jahrhundert einordnen. Inhaltlich enthält die Handschrift die vier Evangelien in Form der Vulgata. Als Schrifttyp wurde die insulare Majuskel verwendet.

Glossenvorkommen

In der Handschrift befinden sich 13 altenglische Glossen, die auf die Blätter 20, 49 und 50 konzentriert sind. Vermutlich sind sie gleichzeitig mit dem Text entstanden, da sie gut lesbar und in der Schrift sehr ähnlich sind. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt liegt auf der Leidensgeschichte Jesu.

Des Weiteren sind 23 Griffeleintragungen mit 26 althochdeutschen Wörtern belegt. Im Gegensatz zu den altenglischen Glossen sind die althochdeutschen Glossen nicht streng auf eine Textpartie begrenzt, sondern sind an verschiedenen Stellen zu finden. Dennoch lässt sich als inhaltlicher Schwerpunkt das neue Testament ausmachen. So finden sich allein 20 Glossen im Matthäusevangelium. Nach Folie 86 lassen sich jedoch überhaupt keine Eintragungen mehr feststellen. Einige Glossen konnten auch noch nicht einem althochdeutschen Wort zugeordnet werden.

Sechs weitere Eintragungen sind sprachlich nicht identifizierbar. Weiterhin sind in dem gesamten Text keine lateinischen Glossen vorhanden, dafür aber an vielen Stellen verschiedenartige Eintragungen mit dem Griffel. Es lassen sich Kreuze, Striche, kleine Kritzeleien und Interpunktionszeichen nachweisen. Dies deutet auf einen zeitweilig wohl sehr intensiven Gebrauch der Handschrift hin, welcher auch durchaus in einem schulischen Kontext denkbar wäre.

Die Glossatoren

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist von mehreren Glossatoren und damit von verschiedenen Glossierungsvorgängen auszugehen. So weist schon allein der paläographische Befund der Glossen daraufhin, dass mehrere Glossatoren am Werk gewesen sein müssen, da sich die Glossen im Schriftbild klar unterscheiden lassen. Darüber hinaus gibt es auch keine Indizien dafür, dass ein Glossator altenglisch und althochdeutsch glossiert hätte.

Direkt greifbar werden die verschiedenen Glossatoren bei der Doppelglossierung der Glosse Nr. 5. Das lateinische Wort quanto wurde hier zweimal mit dem althochdeutschen Wort ueo glossiert: einmal interlinear und einmal marginal. Über die Motivation dieser Doppelglossierung lässt sich streiten: vielleicht wurde die erste Glossierung von dem späteren Glossator übersehen oder er fand sie zu schlecht lesbar. Möglicherweise fand er die Glossierung so wichtig, dass er sie – vielleicht um sie sich selbst noch besser einzuprägen – erneut einritzte. Aufgrund dieser Doppelglossierung schließt ein Teil der Forschung darauf, dass eine chronologische Schichtung der Glossen naheliegend ist. Es sprechen keine Indizien gegen diese These, andererseits könnten die Glossierungsvorgänge auch kurz hintereinander erfolgt sein.

Art der Glossen

(Liste der ahd. Griffelglossen des Maihinger Evangeliars nach der aktuellen Edition von E. Glaser. 1997.)

Auf den ersten Blick zeigt sich ein sehr heterogenes Bild der Glossen, das sich jedoch bei näherer Betrachtung meist erklären lässt, weshalb man auch nicht immer auf verschiedene Glossierungsvorgänge schließen kann. So sind die meisten Glossen interlinear notiert worden, einige jedoch auch marginal. Marginal wurde aber nur glossiert, wenn das zu glossierende lateinische Lemma direkt am Beginn einer Zeile stand und so die Glosse am Rand daneben als eindeutig auf das lateinisches Wort bezogen ersichtlich war.

Weiterhin lassen sich einerseits gekürzte Glossen, bei welchen die Bedeutung des althochdeutschen Wortes nur durch wenige Anfangsbuchstaben angedeutet wird, als auch andererseits syntagmatische Gruppen nachweisen. Auch finden sich neben adäquat flektierten Formen Grundformglossierungen, bei welchen die Flexionsform des lateinischen Bezugswortes unberücksichtigt bleibt.

Diese beiden scheinbar heterogenen Merkmale der Glossen könnten beispielsweise durch den schulischen Kontext, in dem die Glossen vielleicht entstanden sind, erklärt werden: je nachdem, ob es sich bei der Glosse um eine grammatische Hilfe bei der Übersetzung oder um eine Vokabelübersetzung zur Erweiterung des eigenen lateinischen Wortschatzes handelte, wurde die Glosse also gekürzt oder ungekürzt, flektiert oder unflektiert notiert.

Des Weiteren sind nur vereinzelt präzise Übersetzungen einzelner Lemmata vorhanden. Viel mehr scheinen sie die Bedeutung des Lateinischen zu verdeutlichen oder zu erweitern. Anscheinend wurden die Glossen eher als Hilfe zur Kontextinterpretation des Lateinischen verwendet. So wird zum Beispiel das lateinische exiliens [er sprang auf] mit althochdeutsch ilando [eilig] glossiert.

Allgemein ist bei vielen Glossen der altenglische Einfluss auf die Schreibung der Glossen sichtbar. So wird das für das Angelsächsische charakteristische g verwendet, so wie ein rundes a, das die Lesung teilweise deutlich erschwert, da es durch seine offene Form leicht mit einem u zu verwechseln ist.

Auch weist die Graphie oft auf ein sehr hohes Alter der Glossen hin. So wird statt dem normalerweise im Althochdeutschen verwendeten gi-Präfix häufig das ältere ga-Präfix verwendet. Teilweise scheint auch die althochdeutsche Diphthongierung noch nicht vollständig durchgeführt, da germ. ō des öfteren nicht als uo, sondern als o wiedergegeben wird. Des weiteren wird bei einigen Glossen auch überwiegend die ältere <ai>-Graphie statt der im Althochdeutschen üblichen <ei>-Graphie vorgezogen.

Die Glossen des Echternacher Evangeliars

(BStK 774b: Paris, Bibliothèque Nationale lat. 9389)

Allgemeine Daten

Neben dem Maihinger Evangeliar enthält das Echternacher Evangeliar Glossen, die uns wohl die ältesten Sprachstufen des Althochdeutschen überliefern. Die Handschrift selbst stammt wohl aus dem Ende des 7. Jahrhunderts. Ungeklärt ist, ob sie möglicherweise von den irischen Gründern des Klosters aus deren Heimat mit gebracht wurde oder erst im Kloster Echternach entstand.

Über die enthaltenen Glossen ist wenig bekannt, da die Handschrift von der Pariser Nationalbibliothek unter strengem Verschluss gehalten und auch nicht zu Forschungszwecken freigegeben wird.

Glossenvorkommen

Dem heutigen Forschungsstand zufolge enthält die Handschrift 12 volkssprachliche Griffelglossen. Diese sind vor allem auf das Matthäusevangelium konzentriert. Es wird jedoch vermutet, dass sich dort noch sehr viel mehr althochdeutsche Glossen befinden könnten. Darüber hinaus wurden vereinzelte lateinische Eintragungen, Griffelstriche, Kritzeleien, kleine Pfeile, Interpunktions- und Betonungsstriche gefunden.

Art der Glossen

Vorwiegend sind die Glossen interlinear eingetragen, in zwei Fällen jedoch auch marginal. In Schreibung und Eintragungsweise lassen sich Übereinstimmungen mit dem Maihinger Evangeliar feststellen, was darauf hindeutet, dass die Glossen wohl am gleichen Ort und unter ähnlichen Bedingungen entstanden sind.

Literatur